Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales sind in Deutschland 607.000 Menschen ohne Wohnung (Stand Dezember 2022). Von diesen wohnungslosen Menschen lebten etwa 50.000 ganz ohne Unterkunft auf der Straße, also obdachlos. Auch in Rheinland-Pfalz sind viele Menschen von Wohnungslosigkeit bedroht bzw. bereits betroffen. Hierzulande wurden im Jahr 2023 rund 12.000 wohnungslose Menschen erfasst. Diese Zahl hat sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Es ist wichtig zu beachten, dass diese Statistik auch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine einschließt.
Für die Hilfe und Unterstützung wohnungsloser Menschen, beziehungsweise von Wohnungslosigkeit betroffener Menschen, setzt sich seit vielen Jahren die Wohnungslosenhilfe des Caritasverbandes Westerwald-Rhein-Lahn ein. Doch wie genau sieht diese Hilfe eigentlich aus?
Im Rahmen der jüngsten Mitgliederversammlung nutze das Team des Fachbereichs Existenzsicherung um Leiter Joachim Grämer die Gelegenheit, sich und ihre Arbeit vorzustellen und die Gäste für das Thema "Wohnungslosenhilfe" zusätzlich zu sensibilisieren.Die Gründe, die zur Wohnungslosigkeit führen, so berichteten die Fachleute, seien sehr unterschiedlich. "Es gibt strukturelle, aber auch individuelle Gründe", berichtete Joachim Grämer. Zu den strukturellen Gründen gehören die Schrumpfung des Sozialwohnungsbestandes, fehlender bezahlbarer Wohnraum, ein unzureichendes Angebot an adäquaten Wohnformen sowie die Verfestigung von Armut. "Besonders betroffen sind Alleinerziehende und junge Erwachsene, Menschen in Altersarmut, Flüchtlinge und Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen", so Grämer, der kurz auch die Historie der Caritas-Wohnungslosenhilfe skizzierte.
Daniel Seeliger und David Zirwes machten mit einer visuellen Demonstration deutlich, welche individuellen Gründe Menschen oftmals in die Wohnungslosigkeit treiben. Dazu hatten sie extra einen Rucksack mit Dingen gepackt, die für die verschiedenen Gründe symbolisierten. Dazu gehören Süchte ebenso wie Krankheiten (gerade psychische Erkrankungen seien bei den Betroffenen immer stärker auf dem Vormarsch), zerrüttete Familienverhältnisse, Schulden oder Konflikte mit dem Gesetz. In dem anschließenden Podiumsgespräch, moderiert von Abteilungsleiterin Carolin Peters, gaben die Protagonisten interessante Einblicke in ihre Arbeit und die Einrichtungen und Dienste, für die sie jeweils tätig sind. Neben Fachbereichsleiter Joachim Grämer, David Zirwes (Projekt "Dezentrales Stationäres Wohnen - DSW U27") und Daniel Seeliger (Fachberatungsstelle Wohnraumsicherung Rhein-Lahn), gehörten auch Andrea Braß (Haus St. Christophorus) und Christopher Müller (Projekt Housing First) zu der Runde, die durch einen ganz besonderen Gast komplettiert wurde. Jan-Uwe Kurz ist Bewohner im Haus St. Christophorus, der Facheinrichtung für Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Männer und Paare. Er berichtete von seinem ersten Kontakt mit der Caritas und wie sein Alltag in der Einrichtung aussieht. "Das Haus St. Christophorus hat mir geholfen, wieder Fuß zu fassen", berichtete der Bewohner, der sich unter anderem ehrenamtlich im Caritas-Anziehpunkt engagiert, und ergänzte mit Stolz, dass er aktuell auf dem Sprung in ein neues selbstständiges Leben sei. Für seine offenen Worte erntete vom Publikum viel Applaus.
Aber auch die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsrunde gaben interessante Einblicke in die Wohnungslosenhilfe und ließen die Zuhörer an ihrer täglichen Arbeit teilhaben. Die Fachleute waren sich einig: Die Wohnungslosenhilfe hat sich in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt; allerdings sei man längst noch nicht am Ziel. Abschließend äußerten die Beteiligten einige Wünsche für die Zukunft. Dazu gehören unter anderem "mehr bezahlbarer Wohnraum, postalische Meldeadressen, weitere zusätzliche Beratungs- und Hilfeangebote, mehr spezielle Angebote gerade für wohnungslose Frauen und - dass Vorurteile gegenüber wohnungslosen Menschen weiter abgebaut werden.