Caritasdirektor Frank Keßler-Weiß (rechts) bedankte sich bei Dr. Hanno Heil, der im Rahmen der Mitgliederversammlung des Caritasverbandes Westerwald-Rhein-Lahn über die Zukunft der stationären Altenhilfe und der ambulanten Pflege sowie der Personalgewinnung in der Pflege referierte.Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn
Mit mittlerweile mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Umsatzvolumen von über 50 Millionen Euro hat sich der Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn e.V. längst zu einem katholischen gemeinnützigen Sozialunternehmen entwickelt. Um dieser Entwicklung auch weiterhin gerecht zu werden, wird sich der Verband künftig neu aufstellen. Die Weichen für die Neuausrichtung wurde jetzt mit einer Satzungsreform gestellt, die auf der Mitgliederversammlung beschlossen wurde.
Bereits 2018 hatte der Bischof von Limburg eine neue Rahmensatzung für die Caritasverbände im Bistum genehmigt. Dem ging zuvor, dass sich seit 2014 die Deutsche Bischofskonferenz für eine klare Profilierung der Organe und Kontrollmechanismen sozialer Einrichtungen in katholischer Trägerschaft ausspricht. Sie empfiehlt in Abhängigkeit von wachsender Größe und Aufgabenspektrum sowie den damit einhergehenden wirtschaftlichen Risiken, ein hauptamtliches Vorstandsmodell mit einem qualitativ hochwertigen Aufsichtsgremium an der Seite.
"Vorstand und Caritasrat haben in mehreren Sitzungen die Thematik eingehend beraten und sind zu der Auffassung gekommen, dass ein unternehmerisches Handeln in einer Dimension, in der wir uns mittlerweile bewegen, einer professionellen und zeitgemäßen Führungsstruktur bedarf", erklärt Caritasdirektor Frank Keßler-Weiß. Auf diesem Hintergrund hatte eine Arbeitsgruppe einen Entwurf für eine neue Vereinssatzung erarbeitet, der nun auf der Mitgliederversammlung mit klarer Mehrheit und ohne Gegenstimme beschlossen wurde. Eine wesentliche Änderung der neuen Satzung sind die Stärkung der Mitgliederrechte sowie noch mehr Transparenz in der Verbandsarbeit. So etwa sieht die neue Satzung vor, dass es künftig eine jährliche Mitgliederversammlung geben wird. Bislang fand diese nur alle drei Jahre statt. Weiterhin stimmen künftig die Mitglieder -und nicht, wie bisher der Caritasrat - über den Jahresabschluss des Caritasverbandes ab.
Neu ist künftig auch ein Aufsichtsrat, der als organschaftliches Aufsichts- und Kontrollorgan fungiert. Dieser soll aus fünf bis neun ehrenamtlich tätigen Personen bestehen und wird von der Mitgliederversammlung gewählt. "Bei der Zusammensetzung dieses Gremiums soll darauf geachtet werden, dass die Zusammensetzung des Rates eine breite gesellschaftliche Vertretung widerspiegelt und die fachliche Eignung der gewählten Personen ein hohes Maß an Professionalität gewährleistet", erläutert Keßler-Weiß. Dritte wesentliche Änderung der neuen Satzung ist ein zweiköpfiger hauptamtlicher Vorstand. Dies bedeutet, dass die Geschicke beim Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn künftig von zwei gleichberechtigten Personen geleitet werden. Wer die zweite Person neben dem bisherigen Caritasdirektor Frank Keßler-Weiß sein wird und wie genau die Aufgabenverteilung des neuen Doppel-Vorstandes aussehen wird, steht noch nicht fest.
"Zunächst sind noch einige Formalitäten zu erledigen", erklärt Keßler-Weiß. Im ersten Schritt muss der Bischof von Limburg die neue Satzung genehmigen, ehe sie ins Vereinsregister eingetragen wird und somit dann auch in Kraft tritt. Die Verantwortlichen gehen davon aus, dass dies spätestens bis zum Frühjahr kommenden Jahres erfolgt. Anschließend muss dann auf der konstituierenden Mitgliederversammlung im Sommer nächsten Jahres der neue Aufsichtsrat gewählt werden, dem die Wahl der Mitglieder des Vorstandes und der Abschluss des Dienstvertrages obliegt. Mit der Besetzung der zweiten hauptamtlichen Vorstandsstelle und der damit einhergehenden Neuorganisation der obersten Führungsebene ist dementsprechend erst Ende 2020 bzw. Anfang 2021 zu rechnen. "Mit diesen Neuerungen ist unser Caritasverband gut gerüstet für die Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte", ist sich Frank Keßler-Weiß sicher. Die Amtszeit des bisherigen Caritasrates endet mit der konstituierenden Sitzung des Aufsichtsrates nach neuer Satzung.
Die Mitgliederversammlung im Forum St. Peter in Montabaur drehte sich allerdings nicht ausschließlich um die Satzungsreform, sondern gab auch Raum für inhaltliche Caritas-Themen, gute Gespräche und viele Begegnungen. Unter anderem war Dr. Hanno Heil, Lehrbeauftragter für Pastoraltheologie und Diakonische Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar und Vorsitzender des Vorstands Verband Katholischer Altenhilfe in Deutschland e.V., zu Gast und referierte zum Thema "Wer wird uns morgen pflegen? Und wie!" In dem kurzweiligen Vortrag ging um die Zukunftsfrage der stationären Altenhilfe und der ambulanten Pflege sowie um das Thema Personalgewinnung in der Pflege. "Die Lage ist ernst", warnte Heil, und wies darauf hin, dass in den kommenden Jahrzehnten die Schere zwischen der steigenden Zahl pflegebedürftiger Menschen und der sinkenden Zahl von Pflegekräften immer größer werde. Um dem entgegenzuwirken, so Dr. Hanno Heil, müsse man Strategien entwickeln, mit denen die Zukunft der Pflege von morgen sichergestellt werden kann. "Hier sind Sie auf dem richtigen Weg", attestierte der Fachmann dem Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn ein gutes Zeugnis und nannte unter anderem den derzeitigen Umbau des Altenzentrums in Lahnstein sowie das Generationen-Projekt Lahnstein als positive Beispiele. Ein zusätzliches Problem sei der oftmals schlechte Ruf, mit dem Pflegeberufe in der Öffentlichkeit zu kämpfen hätten, insbesondere wenn es um die Bezahlung ginge. Dabei gelte dies längst nicht für jeden in der Altenpflege, unterstrich der Referent und betonte, dass sich die Caritas mit ihren Tarifstrukturen hier nicht verstecken müsse, sondern sogar gut dastehe. "Das müssen wir in den öffentlichen Diskurs und das öffentliche Bewusstsein einbringen", appellierte Heil.