Gemeinsam widmeten sich die Azubis und ihre Ausbilder:innen zwei Tage den Themen Nationalsozialismus und Holocaust, den Lehren aus den schrecklichen Ereignissen dieses Teils der deutschen Geschichte und der Wirkungen auf unsere Gesellschaft. Intensiv gingen die jungen Menschen der Frage nach, wie unsere demokratische, liberale und diverse Gesellschaft heute auf Basis des Grundgesetzes funktioniert, zukunftsfest gemacht werden kann und was der jede und jeder einzelne dazu beitragen kann.
"Die Würde des Menschen ist unantastbar."
Inhaltlich wurde die Tagung, die von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert wurde, maßgeblich mit dem Verein ZWEITZEUGEN e.V. gestaltet. Am ersten Tag stellte Geschäftsführerin Nina Taubenreuther die Arbeit der ZWEITZEUGEN und das Anliegen und die Arbeitsweise des Vereins vor. Die wissenschaftliche Referentin Therese Michels brachte mit dem pädagogischen "Herz-Kopf-Hand-Prinzip" des Vereines unseren zum Teil internationalen Auszubildenden das Leben der Menschen in Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland nahe und erläuterte anhand der vielen anti-jüdischen Gesetze den Holocaust. Sie brachte die Leitungen und die Azubis darüber ins Gespräch. Besonders bewegend und beeindruckend ist das Leben von Erna de Vries: Therese Michels stellte das vom Holocaust geprägte Leben der jungen Frau aus Kaiserslautern vor, Tochter einer jüdischen Mutter und eines nicht-jüdischen Vaters, die gerne Krankenschwester oder Ärztin geworden wäre. Erna fasste stattdessen den Entschluss, gemeinsam mit ihrer Mutter, die einen Deportationsbefehl erhalten hatte, nach Auschwitz zu gehen. Sie mochte sich auf keinen Fall von ihrer Mutter trennen. Nach der Ankunft in Auschwitz mussten beide Furchtbares erleiden und Zwangsarbeit leisten. Erna wurde später nach Ravensbrück verlegt und musste sich schließlich von ihrer Mutter trennen, die ihr zum Abschied einen Auftrag mit auf den Weg gegeben hatte: "Du musst überleben und berichten!" In Erfüllung dieses Auftrages berichtete Erna de Vries nach Kriegsende und bis zu ihrem Tod über ihre schrecklichen Erlebnisse im KZ Auschwitz, in dem ihre Mutter ermordet wurde, und über den Todesmarsch, auf den sie selbst und weitere Überlebende am Kriegsende geschickt wurden. Ernas Berichte wurden von den ZWEITZEUGEN aufgenommen und dokumentiert. In Zukunft werden auch wir als die zweiten Zeuginnen und Zeugen Ernas Geschichte weiter erzählen können. Am frühen Abend ging es auf eine besondere Spurensuche in der Stadt Köln. Mit Hilfe der WDR-App machten sich alle auf den Weg, um Stolpersteine zu suchen, die an Menschen erinnern, die das nationalsozialistische Terrorregime verfolgt, deportiert, ermordet oder in den Suizid getrieben hat.
Am zweiten Tag ging es um die Bezüge zum Heute und zum Leben unserer Auszubildenden. Der Tag war schwerpunktmäßig gestaltet von Caritasdirektorin Stefanie Krones, die von Beruf Rechtsanwältin ist. Stefanie Krones vermittelte zuerst grundlegende Kenntnisse über unsere Verfassung und unsere Grundrechte, verknüpft mit den Bezügen zur Vergangenheit, die die Begründung liefern für die Ausgestaltung unseres Grundgesetzes und die darin fest verankerten Schutz- und Freiheitsrechte. Im weiteren Schritt stellte sie die Verbindung her zwischen Grundgesetz und Bürgerrechten und -pflichten. Die zum Teil internationalen Auszubildenden konnten ein Bewusstsein entwickeln für das Funktionieren des demokratischen Rechtsstaats, der eine aktive Beteiligung seiner Bürgerinnen und Bürger voraussetzt. Wählen gehen ist dabei das eine, die unbedingte Anerkennung der unveräußerlichen Menschenrechte ist das andere; nicht nur durch den Staat, sondern durch jede und jeden von uns: "Die Würde des Menschen ist unantastbar."