Caritasdirektor Frank Keßler-Weiß leitet seit sieben Jahren die Geschicke beim Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn, der mit über 900 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber im sozialen Bereich in der Region ist.Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn
Die Caritas kennen viele. Immer wieder begegnen einem die kleinen Autos mit dem weißen Flammenkreuz auf rotem Grund auf den heimischen Straßen. Doch die Caritas ist mehr, als "nur" die Mitarbeiter, die sich tagtäglich mit ihren Autos auf den Weg zu den Patienten machen. Die Arbeit des Caritasverbandes Westerwald-Rhein-Lahn verteilt sich auf mehr als 46 Einrichtungen und Dienste an insgesamt 17 Standorten in den beiden Landkreisen Westerwald und Rhein-Lahn. Hier wurden alleine im Jahr 2017 insgesamt 11.195 Klienten betreut, versorgt, gepflegt oder beraten.
Die Geschichte der Caritas in der Region ist lang. Die Anfänge caritativen Wirkens gehen auf die heilige Katharina Kasper sowie Ignatius Lötschert zurück, die sich in den 1850er-Jahren mit ihren Ordensgemeinschaften um die Kranken, Armen und Alten kümmerten. Der Beginn der organisierten Caritas, wie wir sie heute kennen, erfolgte 1897 mit Gründung des Diözesanverbandes in Limburg. Später kamen die Caritasverbände für die Bezirke Westerwald und Rhein-Lahn dazu. Diese fusionierten schließlich 2004 und wurden zum heutigen Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn zusammengeführt. Seinen Hauptsitz hat der Verband in Montabaur, wo Frank Keßler-Weiß die Geschicke seit nunmehr sieben Jahren leitet. Im Interview spricht der 52-jährige Caritasdirektor über die Aufgaben und Ziele der Caritas.
Herr Keßler-Weiß, was genau macht der Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn?
Unsere Aufgabe ist es als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche soziale und caritative Hilfe zu leisten. Dabei sind für uns Fachlichkeit und Kompetenz die wichtigsten Voraussetzungen. Der Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn ist in drei großen Bereichen tätig, nämlich in der Beratung, der ambulanten und stationären Alten- und Gesundheitshilfe sowie in der Behindertenhilfe. Unsere Einrichtungen reichen von Hachenburg (Westerwaldkreis) im Norden bis St. Goarshausen (Rhein-Lahn-Kreis) im Süden. Dazu gehören unter anderem die Caritas-Werkstätten, vier Sozialstationen, drei Altenzentren und drei Wohnheime für Menschen mit Behinderung, aber auch eine Integrative Kindertagesstätte, eine Förderschule, ein Haus für Wohnungslose, eine Jugendhilfeeinrichtung sowie ein CAP-Lebensmittelmarkt. Nicht zu vergessen natürlich unsere Beratungsdienste mit umfangreichen Angeboten an mehreren Standorten.
Sehen Sie sich als caritativer Helfer oder als Dienstleister?
Sowohl als auch! Die Caritas sieht sich als sozial- und gesellschaftspolitischer Akteur: Zum einen sind wir "Anwalt" Benachteiligter und Solidaritätsstifter. Darüber hinaus wollen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und arbeiten mit den örtlichen Akteuren, zum Beispiel den Kommunen, den Kirchen, der lokalen Wirtschaft, Bildungsinstitutionen und Vereinen, an gemeinsamen Lösungen. Auf der anderen Seite müssen wir als Dienstleister die Herausforderungen des Wettbewerbs meistern. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass auch wir als gemeinnütziger Wohlfahrtsverband für die Sicherung sozialen Handelns wirtschaftlich arbeiten müssen. Unser Ziel ist allerdings nicht die Gewinn-, sondern die Gemeinwohlmaximierung!
Ihr Verband ist mittlerweile einer der größten Arbeitgeber im sozialen Bereich in der Region.
Das ist richtig. Wir sind Arbeitgeber für mehr als 900 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben dem Einsatz der hauptamtlichen Mitarbeiter organisiert und koordiniert der Caritasverband außerdem die Ausbildung, Begleitung und Fortbildung ehrenamtlich engagierter Menschen. Die tragende Säule unserer hohen Qualität ist die engagierte Teamleistung, die unsere haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter tagtäglich erbringen. Darauf sind wir stolz. Im Gegenzug ist die Caritas ein attraktiver, gesuchter und sicherer Arbeitgeber, und das nicht nur für Katholiken!
Stichwort "Pflege-Fachkräftemangel": Ist das für den Caritasverband Westerwald-Rhein-Lahn ein ernstzunehmendes Thema?
Natürlich ist dies ein Thema, dem auch wir uns widmen müssen. Allerdings sind wir derzeit in der glücklichen Lage, in diesem Bereich gut aufgestellt zu sein. Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Es ist das Ergebnis neuer Wege in der Personalgewinnung, die wir gegangen sind und auch noch weiter gehen. Das Wichtigste aber sind engagierte und zufriedene Mitarbeiter. Sie sind die besten Werbeträger für den Verband.
Im jüngsten Jahresbericht stellt sich Ihr Verband unter anderem als innovativ und zukunftsorientiert dar. Was zeichnet Ihrer Meinung nach einen modernen, zeitgemäßen Wohlfahrtsverband wie die Caritas aus?
Auch wir müssen uns immer wieder auf sich verändernde Problemlagen einstellen, sei es in der Pflege, in der Flüchtlingshilfe oder in anderen Bereichen. Unser Anspruch ist es, stets eine zeitgemäße professionelle Hilfe für Menschen in schwierigen Lebenslagen anzubieten. Dabei erkennen wir immer wieder, wie wichtig Innovation als Prozess einer lernenden Organisation und einer in die Zukunft gerichteten Investition ist. Die letzten Jahre waren für uns durch zahlreiche Investitionen zum Wohle der Menschen geprägt. Dazu gehören die Eröffnung des CAP-Marktes in Hundsangen, die Jugendhilfeeinrichtung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Hübingen, der Bau des Haus am Quendelberg in Montabaur zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum für Menschen mit Behinderung. Viele Aufgaben sind im Rahmen der Finanzierung oft nur durch den Einsatz sehr hoher Eigenmittel zu bewältigen, wie etwa die vielfältigen Beratungsdienste im Caritas-Zentrum oder in der Außenstelle in Hachenburg. Und dennoch stellen wir uns diesen Aufgaben gerne. Auch in der Zukunft. Dienen sie doch in erster Linie dem Wohle der Menschen, für die wir uns in der tagtäglichen Arbeit einsetzen.